Deutscher Entersäbel M 1849.

ES49 versorgt   Häufig kann man beobachten, daß Waffen, die von untergegangenen Staaten oder Staatenbünden stammen, vergessen oder falsch eingeordnet werden. Letzteres geschieht um so eher, wenn ähnliche Waffen von anderen Staaten existieren. An dieser Stelle soll über den Entersäbel der Flotte des Deutschen Bundes bzw. der Reichsflotte berichtet werden. Diesem Modell ergeht das häufig so, weil es beispielsweise mit dem französischen "sabre de bord modèle 1833" verwechselt oder als "Säbel der österreichischen Marine (französischer Typ) 1849" fälschlich bezeichnet wird. Diese Problematik zeigte Gerhard Seifert bereits im Deutschen-Waffen-Journal 1973 (Heft 6, S. 609) mit dem französischen "sabre de bord modèle an XI" auf, dem der deutsche Entersäbel auch zum verwechseln ähnlich sieht.  Zunächst jedoch noch ein Blick in die Geschichte.

   In der Auseinandersetzung des Deutschen Bundes mit Dänemark wegen der unrechtmäßigen Besetzung von Schleswig im Jahre 1848 erkannte man "schmerzhaft", daß Deutschland keine richtige Flotte besaß. Deswegen versuchte man in kurzer Zeit den Mangel zu beseitigen und stellte in Bremerhaven die sogenannte "Nordsee-Flottille" auf, die mit der schleswig-holsteinischen Flottille und der preußischen Marine die Reichsflotte bilden sollte. Gedacht war, unter der Führung des Deutschen Bundes eine Flotte für das deutsche Reich aufzustellen. Allerdings verlief  die Geschichte anders, was an dieser Stelle jedoch nicht weiter verfolgt werden soll.

  Zur Geschichte des Entersäbels. In Frankfurt a. M. trat zur Beratung des Marineministers, dessen Aufgaben durch den Handelsminister Duckwitz wargenommen wurden, eine technische Marine-Kommission zusammen. In diese Kommission entsandten die großen deutschen Staaten Österreich und Preußen und die Anrainerstaaten der Nord- und Ostsee Vertreter. Sie hatten über alle Marineangelegenheiten zu beraten und Vorschläge zur Entwicklung zu machen. So geschah das auch hinsichtlicht der Bewaffnung  und im speziellen des Entersäbels. Das Muster (oder die Probe) eines Säbels wurde durch die Firma Schnitzler & Kirschbaum aus Solingen am 27. Dezember 1848 dem Vorsitzenden der Kommission, dem Prinzen Adalbert von Preußen, vorgelegt.  In der für die Ausrüstung mit Handwaffen wichtigen Sitzung am 30. Januar 1849 wurde unter anderen auch der vorgelegte Entersäbel als Modell festgelegt. Am 28. Februar 1849 bestellte schließlich der Reichsminister des Handels und der Marine 1.270 Entersäbel bei der Firma Schnitzler & Kirschbaum in Solingen. BeiKlingenätzungen der Bestellung wurde ausdrücklich verlangt, daß die Klinge innen mit einem Anker und der anderen Seite mit mit dem Reichsadler versehen sein sollte. Die Scheidenbeschläge sollten aus Messing gefertigt werden. Ferner mußten die Waffen einer Untersuchung und Probe, wie sie bei preußischen Waffen vorgeschrieben war, unterzogen werden. Ein Vertrag über die Lieferung der Entersäbel (und weiterer Blankwaffen) wurde schließlich am 8. März 1849 unterzeichnet. Als kostenlose Verbesserung offerierte die Firma am 31. März 1849, die zu liefernden Waffen "im Ofen zu lackieren", statt wie bei der Musterwaffe mit Ölfirniss zu versehen. Dies wurde am 3. April 1849 auch angenommen.


   Die Entersäbel sollten in vier Lieferungen übersandt werden, am 5. April 150 Stück, am 15. April 150 Stück, am 1. März 250 Stück und schließlich am 28.März 720 Stück. Ob nun alle 1.270 Waffen von Schnitzler & Kirschbaum selbst gefertigt wurden oder ob Unteraufträge an andere Firmen vergeben wurden, läßt sich heute nicht mehr mit absoluter Sicherheit feststellen. Die Vermutung liegt jedoch nahe, denn bei aller Konkurrenz unter den Solinger Firmen mußte man bei Großaufträgen (es wurden daneben noch 500 Infanterie-Säbel, 600 Enter-Beile und 300 Enter-Piken geordert) wegen der begrenzten technischen und personellen Fertigungskapazitäten doch zusammen gearbeitet werden. Diese Vermutung wird dadurch verstärkt, daß die Firma Weyersberg dem Reichsminister des Handels und der Marine bereits am 17. März 1849 50  Stück Seitengewehre "in ganz  genauer Übereinstimmung des dafür bestimmt wordenen Modells" als patriotisches Geschenk übersandte.  An dieser Stelle muß angemerkt weren, daß die mit Unteraufträgen versehenen Zulieferer sich nicht mit ihrer Firmenbezeichnung,  z. B. auf der Fehlschärfe der Waffe "verewigten", sondern allenfalls Zeichen diskret auf der Angel anbringen konnten.

Gefaess außen
Gefaess vorne
Gefaess innen
Gefaess hinten

   Was passierte nun mit den Entersäbeln, als man 1852 mit der Auflösung der deutsche Flotte begann? Preußen übernahm zwei Schiffe, die KM-StempelungECKERNFÖRDE (ex GEFION) und die BARBAROSSA vom Deutschen Bund. Mit diesen Schiffen sind höchstwahrscheinlich auch Entersäbel übernommen worden. Darüber hinaus kaufte das preußische Marineministerium später 832 Entersäbel an, die in der Bundesfestung Mainz lagerten. Es ist davon auszugehen, daß das der gesamte Restbestand war. Preußen benötigte Mitte der fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts  zur Ausstattung seiner Flotte Entersäbel in größerer Anzahl. Da diese auch kostengünstig erworben werden konnten,hätte es keinen Sinn gemacht, weitere Restbestände dort zu belassen. Nach Übernahme der Entersäbel wurden diese unter dem Stichblatt mit einem gestempelten "KM" als Eigentumszeichen der königliche Marine versehen. Ferner erhielten sie noch eine fortlaufende Nummer. Offiziell zur Bewaffnung wurden sie am 22. Juli 1867 auf Weisung des Marineminsterium ausgegeben. Daß diese Waffen nur begrenzte Zeit für die Marine eingeplant waren, wird daran deutlich, daß sie nicht in das Waffen-Reparatur-Preisverzeichnis und damit in den üblichen (Ersatzteil-)Beschaffungsweg aufgenommen wurden.


   Mit A.K.O. vom 2. November 1875 wurden alle Entersäbel und Entermesser in der nunmehrigen kaiserlichen Marine als Seitenwaffe der Besatzung der Schiffe außer Dienst gestellt. Auf den modernen gepanzerten Schiffen wurden sie nicht mehr benötigt. Entergefechte sah man nicht mehr vor. Für bestimmte Funktionen und Gelegenheiten wurden Entermesser allerdings auch weiterhin vorrätig gehalten.

Abnahmestempel 
(unbekrönter Doppeladler = Abnahme- und zugleich Eigentumsstempel; S & K = Herstellerstempel)


Technische Angaben:

Gesamtlänge 820 mm
Gesamthöhe 136 mm
Klingenlänge 671 mm
Klingenbreite
37 mm
Pfeilhöhe 16 mm



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